Mittwoch, Februar 15, 2017

"Männer-Massen, die die Stadt unsicher machen": Der erfundene Sexmob – News vom 15. Februar 2017

1. Viel ist derzeit von einem Kampf gegen sogenannte "Fake News" die Rede. Warum fängt man da nicht bei einem der Leitmedien an? fragt das Bildblog mit Bezug auf die Berichterstattung über einen angeblichen "Sexmob":

Diesen "Sex-Mob" dürfte es, so der aktuelle Kenntnisstand, nie gegeben haben. Er könnte die Erfindung einer einzelnen Person oder einer kleinen Gruppe sein, gut möglich, dass sie damit Stimmung gegen Flüchtlinge machen wollte. Die "Bild"-Medien haben die Geschichte jedenfalls dankbar aufgegriffen, haben sie verbreitet, ohne sie ausreichend zu überprüfen, haben sie selber sogar noch zugespitzt und sie haben mit ihrer Reichweite aus ihr eine Story gemacht, die von Rechten und Nochrechteren in Sozialen Netzwerken rumgereicht wurde, die von anderen Medien aufgegriffen wurde, die es sogar bis nach Großbritannien und zu "Breitbart" schaffte.


Die Geschichte von den 900 sexuell übergriffigen Flüchtlingen beziehungsweise "Männer-Massen", "die die Stadt unsicher machen", wird bald auch von Sat1, natürlich der "Jungen Freiheit" und der "Epoch Times" sowie anderen Plattformen aus dem rechten Spektrum übernommen. Menschen, die sich noch an die alten journalistischen Tugenden erinnerten, recherchierten hingegen erst mal und fanden so beispielsweise heraus, dass es zu diesem vermeintlichen Massenverbrechen keine einzige Strafanzeige gab. Die Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Geschichte mehrten sich. Inzwischen berichtet die Hessenschau über die jüngsten Entwicklungen:

Irina A., die angegeben hatte in Frankfurt in der Silvesternacht sexuell belästigt worden zu sein, hat zugegeben, dass sie in der fraglichen Nacht gar nicht in Frankfurt war. Das teilte die Staatsanwaltschaft am Dienstag mit, nachdem sie gemeinsam mit der Polizei die Wohnung der 27-Jährigen durchsucht hatte.

(...) Ebenfalls in Zweifel gezogen wurde schnell die Glaubwürdigkeit des Gastwirtes. So wurden Facebook-Einträge entdeckt, in denen eine Nähe Mais zur fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung und zur AfD deutlich wurde. Zudem soll er Verbindungen zu den in Frankfurt verbotenen Hells Angels haben. Die angebliche Hauptzeugin Irina A. wollte sich schon bald nicht mehr zu den Vorwürfen äußern.


Die "Bild" und die "Junge Freiheit" haben inzwischen in einem Artikel erklärt, einer Falschmeldung aufgesessen zu sein.



2. Apropos "Kampf gegen Fake News" – die ehemalige Frauenministerin Kristina Schröder stellt in einem aktuellen Beitrag noch einmal klar: Der Beweis für einen Gender-Pay-Gap ist nicht erbracht.



3. Die Deutsche Telekom erklärt im Zusammenhang mit einer aktuellen Reklame Väter "für eine Familie irrelevant", was die AfD-Politikerin Beatrix von Storch erbost. Die Huffington Post ist natürlich aufseiten der Telekom. (Einen neutralen Artikel, der wertungsfrei einfach nur die Kontroverse schildert, konnte ich bei meiner Recherche nicht finden.)



4. Eine feministische Kellnerin in den USA wurde wegen ihrer männerfeindlichen Sprüche gefeuert. Der Stern ist empört.



5. Gestern war bekanntlich Valentinstag. In dem Artikel "They Even Hate Love" schildert der konservativ-libertäre "American Spectator", wie sehr dieser Tag von Feministinnen kritisiert wird. Das ist allerdings nur der Aufhänger für eine umfassende Ideologiekritik – einschließlich etwa Jessica Valentis bekanntes Statement "I Bathe in Male Tears" – bis der Autor dieses Artikels zu dem Fazit gelangt, dass es sich beim Feminismus um eine "Hassbewegung" handele.



6. Bundesrichter Thomas Fischer widmet sich in seiner Artikelreihe in der "Zeit" unter der Überschrift "Lügen nach Zahlen" Alice Schwarzers von Jörg Kachelmann besuchten Vortrag an der Universität Köln. Auch Fischer zerpflückt, wie schon andere Juristen vor ihm, ausführlich Schwarzers abenteuerliche Argumentation, um dann zu jener Passage zu gelangen:

Mir scheint in diesem Fall aber noch etwas anderes wichtig: Kachelmann ist rechtskräftig freigesprochen. Seine berufliche Existenz wurde durch das Verfahren vernichtet, sein privatester Lebensbereich Gegenstand öffentlicher Diskussion und Häme. Er ist, nach rechtskräftigen Entscheidungen unabhängiger Gerichte, nicht Täter, sondern Opfer von Kriminalität (hier: einer Falschbeschuldigung). Ob er ein netter Mensch ist oder nicht, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Kachelmann beschwerte sich in der Kölner Veranstaltung darüber, als "Täter" insinuiert zu sein. Schwarzer, die ihn in ihrer Rede zum "idealtypischen" (armer Max Weber!) Täter stilisiert hatte, fiel zu seinem Auftritt nichts ein – außer der Aufforderung, das Licht heller zu drehen. Das Publikum buhte Kachelmann sogar aus, die ersichtlich überforderte Moderatorin strafte ihn, wie man auf den im Netz stehenden Live-Mitschnitten sehen kann, wie einen lästigen Querulanten mit Nichtachtung, sein wahrheitsgemäßer Hinweis auf Schwarzers Vorstrafe veranlasste höhnische Lacher im Auditorium. Erst nach langem Staunen erwachte Alice Schwarzer wieder zum Leben. "So tief sitzt das?", fragte sie Jörg Kachelmann nach übereinstimmenden Medienberichten. Sie sei "gerührt", dass er den weiten Weg auf sich genommen habe, um sich in ihrer Veranstaltung zu Wort zu melden. Das Publikum zeigte sich begeistert über dieses Ausmaß an Humor.

Darf Frau Schwarzer den rechtskräftig Freigesprochenen mit der Herablassung der Tribunal-Vorsitzenden behandeln? Was wäre wohl geschehen, wenn die Anzeigeerstatterin im Fall Kachelmann sich im Kölner Hörsaal zu Wort gemeldet und der Verteidiger des Freigesprochenen sie daraufhin hämisch gefragt hätte: "Ach, so tief sitzt das? Dafür sind Sie extra angereist? Da bin ich ja geradezu gerührt!" Hätten die Mädels (und Jungs) im Saal dann auch gejauchzt? Und sollten sich die tausend ZuschauerInnen, die in Einfalt jubelten, nicht in Wahrheit schämen? Unterscheiden sie sich moralisch und intellektuell von Dresdner Höcke-Jublern und Frauenkirche-Krakeelern, denen sie sich so überlegen fühlen? Ja, manchmal ist es gar nicht so einfach, zu erkennen, ob man auf der guten und richtigen Seite steht oder mitten drin in der johlenden Masse, die dem Störenfried "das Mikro wegnehmen" will und sich an seiner Demütigung ergötzt.


Das Problem des Feminismus ist eben genausowenig eine einzelne Alice Schwarzer, wie das Problem des rechten Randes ein einzelner Björn Höcke ist. Das Problem ist die von demagogischen Vorträgen aufgepeitschte Masse, deren Mitglieder derart blind vor Ideologie geworden sind, dass sie nicht nur kritisches Denken, sondern auch die Regeln des gesellschaftlichen Anstands vergessen - wobei sie sich einbilden, die "wahren Verhältnisse" durchschaut zu haben und sich als Verkörperung des Volkswillens und Widerständler gegen eine tyrannische Herrschaft zugleich wähnen. Im Gegensatz zu Björn Höcke erhält Alice Schwarzer in unseren Leitmedien allerdings wochenlange Huldigungen für ihre Hetze (zuletzt für "40 Jahre EMMA").



7. Was das Problem verschlimmert, ist, dass es der Kerngedanke des radikalen Feminismus – die sexistische Reduzierung von Geschlechterpolitik allein auf Frauenanliegen – im Gegensatz zur Ideologie des rechten Randes weltweit in die Regierungsparlamente geschafft hat. Aus Großbritannien berichtet der einzige maskulistische Abgeordnete des dortigen Parlaments, Philip Davies, was sich dort bei einer aktuellen Debatte abspielte:

The House of Commons was packed for the impending start of the debate on the Brexit Bill – even the Prime Minister had arrived early – when my Conservative colleague Nusrat Ghani introduced her 10 minute rule Bill.

These are Bills where, as the name suggests, an MP is given 10 minutes to seek permission to introduce a Bill, and one other MP is given the right to speak for 10 minutes in opposition to it. Often they are unopposed at this very early stage in their life.

Nusrat brought forward a Bill to try to tackle the scourge of so-called honour-based crimes.

She wanted to prohibit the term "honour killing", to pay for the repatriation of bodies of UK citizens who are the victims of these crimes, and to allow the prosecution of someone in a third country by British courts when the victim is a UK citizen.

You might think all of this is, on the face of it, worthy of support. So did I, until I noticed that these provisions only applied if the victim was a woman. If the victim was a man then, as far as the Bill was concerned, we shouldn’t care.

So I stood up in front of the packed House to say that I opposed the Bill on the grounds that it discriminated against one gender, and that the provisions should apply to all victims of "honour" crimes regardless of their gender.

So what was the reaction of those MPs who are always the most sanctimonious when it comes to promoting gender equality? Did they welcome my stand for gender equality? No, they jeered and shouted me down!

That’s right. I was jeered and heckled for arguing that men and women should be treated equally. I always thought that was what the equality agenda was all about – but clearly not.

(...) The most amazing part of this was the number of colleagues who came up to me afterwards to tell me that a) of course I was right in what I was saying and b) that I was incredibly brave to have stood up and said it.

I asked them all "Why is it brave to stand up and argue that men and women should be treated equally"?




8. Ja, warum gehört heute Mut dazu, gleiche Rechte für BEIDE Geschlechter zu fordern? Zu dieser Frage passt ein aktueller Leserbrief:

Sehr geehrter Herr Hoffmann, lieber Arne,

ich war bislang der Meinung, Dir vor langer Zeit – vor ca. 5 Jahren? – schon ein Mal ein E-Mail geschrieben zu haben. Allein, ich kann es nicht mehr finden. Daher werde ich so tun, als kontaktierte ich Dich zum ersten Mal. Trotzdem werde ich Dich einfach duzen, so als kennten wir uns bereits. Ich hoffe, Du bist damit einverstanden.

Tatsächlich habe ich inzwischen das Gefühl, wir kennen uns. Denn schon seit Jahren bin auch ich ein treuer Leser Deines Blogs. Ehrlich: ORF, FAZ und Genderama – meine tägliche Zeitungslektüre. Manchmal auch noch die Deutsche Welle, Deutschlandfunk, hier mal was Französisches, da mal was Englisches … Seit einigen Monaten abends auch wieder die Tagesschau, das sogenannte "Flaggschiff"! Die ZEIT eher nur auf Papier. Und anderweitige Informationsquellen wie YouTube oder Blogs.

Und besonders in letzter Zeit habe ich beim Durchlesen Deines Blogs das Gefühl, Du schreibst nicht nur ins weite leere Netz hinaus, sondern Du meinst mich. Sprichst mich – auch mit Deiner Auswahl der Themen – direkt an. So wie letztens, als Du den Blogger Crumar in Deinem Blog mit den Worten zitierst "Komm ins Offene, Freund!", um Deine Einschätzung der Relevanz der Väter- und Männerrechtsbewegung zu unterstreichen: Wir seien viele und werden immer mehr. Aber zu viele schwiegen. Noch.

Ich habe mich nun entschieden, aus der schweigenden Mehrheit herauszutreten und Dir zu sagen, dass ich nicht mehr schweige und dass "wir" tatsächlich immer mehr werden. Langsam, ruhig, aber sicher. Steter Tropfen höhlt den Stein.

Ich erhebe meine Stimme, nicht weil man mich dazu auffordert, sondern weil es sich schlicht so ergeben hat. Privat habe ich schon vor langer Zeit begonnen, meine Stimme gegen die feministische Vereinnahmung der Gedankengeschichte der Menschheit und ihrer verschiedenen Lebenswelten zu erheben und den feministischen Versuch, alles in eine große, patriarchale Monstrosität umzudichten, aus der uns nur der allem (und vor allem natürlich allem Männlichen) überlegene Feminismus herausholen könne. Schon als ich noch Ethnologie studiert habe, erhob ich meine Stimme. Damals war meine Stimme aber sehr zart und furchtsam (weil ich Frauen ja nicht bekämpfen wollte, sondern sie lieben). Über die Jahre hat sich aber vor allem durch persönliche Erfahrungen mit Frauen ein enormer Widerspruchsgeist entwickelt, der sich nun tatsächlich auch in den Beruf hineingetragen hat. Und deshalb habe ich mich nun endlich auch öffentlich als Antifeminist geoutet. Mein ganz persönliches Coming Out (sic!).


In den folgenden Passagen seines Briefes schildert mir mein Leser, wie er sich in beruflichem Bereich einer wachsenden Dominanz der feministischen Ideologie in seinen Tätigkeitsbereich widersetzt habe. Da er mich zum Ende seines Briefes aber bittet, im Falle einer Veröffentlichung alles zu tilgen, was ihn als Verfasser kenntlich machen könnte, werde ich diese Passagen auslassen. (So weit ist das Coming Out meines Lesers noch nicht gediehen, dass er Firmeninterna öffentlich und sich dabei identifizierbar macht.) Der Schutz meiner Leser hat gegenüber einem ungewollten Outing immer Vorrang.

Und siehe da, plötzlich habe ich unter den Kollegen sogar Unterstützer, von denen manch einer mit einer Feministin verheiratet ist. Sie wagen sich aus der Deckung, weil es eben immer jemanden braucht, der die Stimme öffentlich erhebt.

Fürs Erste war's das von mir. Ich wollte Dich, Arne, meiner ideellen Unterstützung versichern und Dir meine Beweggründe schildern. Bevor ich Dich aber wieder Deinen Recherchen nachgehen lasse, ein kleiner feiner Fund von mir :) Ein sehr amüsanter Beitrag der Deutschen Welle zum Thema Sexismus, und das auch noch beim Thema Kochen! Ganz besonders lustig finde ich die Stelle, an der eine der beiden Feministinnen den Safe Space der Männer zum sexistischen Machtkomplex erklärt. Und ich kann mich irren, aber ich glaube fast, der Sprecher/Autor des Beitrags amüsiert sich auch ein wenig ob der Verrücktheiten unserer Zeit.

Und bevor ich es vergesse, will ich jetzt und hier endlich einmal sagen: Danke! Für Deinen politischen Einsatz, Deine unermüdliche Recherche, Deine Tätigkeit für Betroffene, die im Stillen auf die Stimme derer hoffen, die sie erheben. Zu erheben wagen. Dieser Dank geht tatsächlich stellvertretend an Dich für all jene in der Väter- und Männerrechtsbewegung, die sich seit Jahrzehnten unermüdlich mit den negativen Entwicklungen der feministischen Theorie und Praxis auseinandersetzen, von Warren Farrell bis Cassie Jaye, von MANNdat bis Jörg Kachelmann. Ich habe allen so viele gute Argumente zu verdanken – und das Gefühl, nicht allein, verrückt oder weinerlich zu sein. Vor allem dieses Gefühl. Zunächst nur das Gefühl, dann aber auch wieder Vertrauen in die eigene Denkweise. DANKE!

In der Tat bin ich kein Väter- und Männerrechtler, sondern sympathisiere mit den universalen Menschenrechten. Ich will nicht allein für Väter und Männer eintreten, so wenig wie ich einer Bewegung angehören möchte, die schon im Namen die Apartheid trägt, die sie propagiert. Ich will eintreten für den Respekt vor der Würde eines jeden einzelnen Menschen. Ich bin Antifeminist, weil ich mit den Grundüberzeugungen des Feminismus, wo Sexismus zu finden und was dagegen zu tun sei (bisschen dramatischer: wie er zu bekämpfen sei), absolut nicht mehr übereinstimme. Er hat nämlich nicht Recht. Nicht mehr.

kostenloser Counter